Obstbaumpflege Schöpf

Berlin

Die Obstbaum-Hebräisch

Am 21. Oktober 2016 beginnt der Entwurf einer eigenen Hebräischen Schrift. Dem voraus ging die etwa zweijährige Überarbeitung und Ergänzung der Hadassah-Hebräisch von Henri Friedlaender (Hadassah-OB) zur Verwendung bei den hebräischen Seiten. Diese kraft- und charaktervolle Schrift vermittelte dabei sehr gut die Eigenarten der hebräischen Schriftzeichen. Nach zwischenzeitlichen Überlegungen, irgendwann eine zeitgemäße Entsprechung der Hadassah zu entwerfen oder die unvollendete Kusari-Hebräisch von Henri Friedlaender und Paul Koch zu digitalisieren und vervollständigen, kam der erneute Impuls ehr aus einem konkreten Bedürfnis, nämlich die grafische Erscheinung der Web-Site einheitlicher und harmonischer zu gestalten.

Überlagerung Hadassah-Mirjam
Hadassah-OB und Mirjam überlagert, 2016

Die Hadassah-Hebräisch schien verwandt mit der Charter, Hauptschrift der Seiten mit lateinischem Alphabet. Aber sie trägt, neben der beide Schriften verbindenden Prätentionslosigkeit, doch zu viel Kalligraphie in sich. So ist der Entwurfsansatz, auf Grundlage der charakteristischen Eigenarten der Hadassah, mit den Formelementen der Charter eine neue hebräische Schrift zu entwickeln. Im Spannungsfeld zwischen der Statik der Charter und der gerichteten Dynamik der Hadassah soll als Dritte im Bunde die schöne Bewegung der Mirjam von Rafael Frank vermitteln und beruhigen.

Version 1, 2016

ב

Das Alef wird erst einmal übersprungen, da er der wohl schwierigste Buchstabe im Alefbet ist. Jedenfalls schrieb Henri Friedlaender noch Jahre nach Fertigstellung zu diesem Buchstaben:

»…Und merkwürdiger weise, scheint mir, fand ich schließlich überall einen gangbaren Weg, außer bei einem Buchstaben, bei dem ich bis heute ratlos bin, dem Aleph, dem ersten Buchstaben des Alphabets, dem Anfangsbuchstaben des hebräischen Wortes für Gott.«

Henri Friedlaender: Die Entstehung meiner Hadassah-Hebräisch, Hamburg: Christians/von Sichowsky, 1967

OBH_Bet_V1
Obstbaum-Hebräisch. Bet. Version 1, 2016

Mit dem Bet beginnend, werden die ersten, grundlegenden Entscheidungen getroffen. So wird die Schrifthöhe der Hadassah-OB mit 1220 Em bei 2048 Em Gesamthöhe übernommen. Die Versalhöhe der Charter beträgt 1374 Em. Die Stärke der einzelnen Buchstabenteile entspricht den Versalien der Charter, ebenso Größe und Form der Serifen und Bögen. Die Schriftbreite orientiert sich an der Mirjam, da diese ebenfalls senkrecht ausgerichtet ist. Die Proportion des Buchstabens wird an eine vergleichbare Glyphe der Charter, hier dem E, angepaßt. Die Höhe der Fähnchens (oder Anstriches) auf dem oberen Arm wird auf die Versalhöhe der Charter reduziert. Neben den Serifen am Fuß, sind die Betonung der Vertikalen durch die Verschlankung der Horizontalen und der Wegfall der Schrägen die wesentlichen Unterschiede zur Hadassah-OB.

ד

Auch das dem Bet folgende Gimmel wird erst einmal übersprungen. Ein Buchstabe mit zwei Diagonalen, die Füßen gleichen und ihn laufen lassen, ist für den Moment zu viel Neues. Die gefundenen Prinzipien sollen sich erst einmal an ähnlich geformten Buchstaben bewähren.

OBH_Dalet_V1
Obstbaum-Hebräisch. Dalet. Version 1, 2016

So wird als nächstes das Dalet aus dem Bet abgeleitet, was einfach gelingt. Bei den Proportionen hilft das F der Charter. Interessant ist dabei die Entdeckung der asymmetrischen Serife am Fuß des F-Stammes. Tatsächlich ist der unter den Armen liegende Serifenabschnitt länger, was statisch durchaus einleuchtet. Die Buchstabenbreite orientiert sich am F der Charter und liegt damit zwischen Mirjam und Hadassah-OB.

ה

OBH_He_V1
Obstbaum-Hebräisch. He. Version 1, 2016

Das zuerst einfach vom Dalet ableitbare He enthält mit dem freistehenden, nicht angebundenen vertikalen Strich eine erste Unbekannte. In der lateinischen Schrift gibt es keinen Buchstaben mit einer vergleichbaren Konstellation. Das R mit seinem geschweiften Bein führt nicht weiter, so daß die Kleinbuchstaben i und t als mögliche Hinweisgeber herangezogen werden. Zuerst wird aber eine andere Stelle noch einmal überdacht, nämlich der linke Anstrich oder das Fähnchen des oberen Arms. Dessen Proportion wird von einer halben Serife zu einem Anstrich wie beim t verändert, die Form damit massiver und eigenständiger. Zurück zum freistehenden Strich wird auch das K untersucht, dessen vorderes Bein eine einseitige Serife aufweist. Dieser untere Abschluß für ein auf i-Höhe und um seinen Querstrich gebrachtes t ist dann die ruhigste und harmonischste Form für die Inselform. Die beiden Zugänge zum Innenraum des Buchstabens weiten sich durch die Schrägen auf. Kopf und Fuß liegen in einer Flucht übereinander. Ein Zurücknehmen des oberen Arms wie beim K (oder E) scheint im Weiteren möglich (und wird später auch gemacht). Die Buchstabenbreite orientiert sich am K der Charter und liegt zwischen Mirjam und Hadassah-OB.

ו

OBH_Vav_V1
Obstbaum-Hebräisch. Waw. Version 1, 2016

Das Waw wird vom Bet abgeleitet und erhält einen Fuß mit der Serife vom He. Das J der Charter ist ein vergleichbarer Buchstabe. Es ist jedoch zu breit und wird an das Waw der Hadassah-OB angeglichen. Der innere Bogen vor allem wirkt danach sehr spitz und wird später noch justiert werden müssen.

ז

OBH_Zayin_V1
Obstbaum-Hebräisch. Sajin. Version 1, 2016

Das Dalet wird auf die Breite des Waw verschmälert und das Charter I als symmetrische, schmale Vorlage für den Stamm und seine Serifen genommen. Nun ist es fast identisch mit Hadassah-OB und Mirjam, die sich einig in der Breite sind. Letztendlich ist das Sajin ein schmales Dalet, mit kurzem linkem Arm.

ח

OBH_Het_V1
Obstbaum-Hebräisch. Chet. Version 1, 2016

Das Chet kann bei genauerer Betrachtung als ein vervollständigtes He gesehen werden. Was beim He freistehend und nicht angebunden wirkt, könnte auch nur eine Lücke in einer vollständigen Form sein. Und diese vollständige Form wäre das Chet. Vielleicht wird das He im Umkehrschluß noch einmal verändert werden müssen. Aber erst einmal nicht, da die Anbindung des linken Stammes an den Arm die Situation verändern und der Rücksprung den oberen Anstrich eigenartig isolieren würde. So wird der linke Stamm auf die Aussenkante des Anstriches geschoben, so daß die Flanke glatt durchläuft. Die ungleichen Serifen an den Füßen wirken nicht verkehrt und geben dem sehr aufrechten Element eine leichte Orientierung nach links, in Schreibrichtung. Die Breite ist wieder die des Charter Ks und liegt zwischen Mirjam und Hadassah-OB.

ט

OBH_Tet_V1
Obstbaum-Hebräisch. Tet. Version 1, 2016

Das Tet ist nun etwas Neues, da eine Folge von Bögen vorkommt. Das Tet der Mirjam ist sehr schön, eine kontinuierliche Schleife. Das U und J der Charter geben Hinweise für die Bögen. Den Bereich des Anstriches vom Sajin zu übernehmen, wäre im Sinn der Hadassah-OB richtig, führte aber zu einem kurzen Armgebilde, das zu dünn für den Abschluß eines so langen Bogenkringels wäre. Über das t kommt der Abschluß des Chet ins Spiel, der auf die nach links verlängerte Horizontale verzichtet. So entsteht ein eher zentriertes Tet. Ob diese Entscheidung richtig ist, wird sich später im Zusammenhang zeigen.

י

OBH_Yod_V1
Obstbaum-Hebräisch. Jod. Version 1, 2016

Das Waw wird als Vorlage für das Jod verwendet. Im Prinzip müßte es nur eingekürzt werden. Aber wie endet es dann unten, auf halber Strecke? Es gibt keinen vergleichbaren Buchstaben im Alphabet. Satzzeichen, wie z.b. das Apostroph, besitzen zu wenig Körper. Kleinbuchstaben wie das t und u der Charter haben differenzierte untere Endungen. Das t wäre mit seinem Ausschwung am passendsten. Der Bogen ist jedoch im Verhältnis zum oberen Arm des Jod zu lang. Der Bogen des u verhält sich ähnlich, aber bei seinem rechten Stamm bietet es eine kleine, halbe Serife an. Diese wird Vorlage für den unteren Abschluß und das Jod zum fliegenden Kleinbuchstaben.

ך

OBH_Kaffinal_V1
Obstbaum-Hebräisch. Schluß-Kaf. Version 1, 2016

Das Bet mit seinem rundem Rücken wird Vorlage für das Schluß-Kaf. Der erste Buchstabe im Bereich der Unterlänge. Die Hadassah-OB unterschreitet diese, die Mirjam bleibt darüber. Bei der Charter gehen nur das p und q knapp bis an die Grenze der Unterlänge. Dieses Maß ist erst einmal Vorlage für den unteren Abschluß des Stammes, auch hinsichtlich der Ausbildung der Serife. Die Unterkante liegt so zwischen Mirjam und Hadassah-OB.

כ

OBH_Kaf_V1
Obstbaum-Hebräisch. Kaf. Version 1, 2016

Bet und Kaf unterscheiden sich hauptsächlich beim Übergang vom Stamm zum unteren Arm. Während es beim Bet eine Kreuzung ist, die deutliche macht, daß Stamm und Arm zwei zusammengesetzte Elemente sind, ist beim Kaf die Stelle nur eine Richtungsänderung und der Strich ein durchgehender. Durch die an dieser Stelle eingeführte Serife beim Bet, die einen Unterbrechung andeutet, kommt dieses System durcheinander bzw. muß der Übergang für die Durchgängigkeit ausgerundet werden. Die Mirjam ist hier spiegelsymmetrisch. So wird das Bet als Vorlage genommen und dessen obere Bögen nach unten gespiegelt.

נ

OBH_Nun_V1
Obstbaum-Hebräisch. Nun. Version 1, 2016

Es wird ein großer Sprung zum Nun gemacht, hinweg über das ausschweifende Lamed und die kompakten Mems. Auch wird die Schlußform erst einmal beiseite gelassen, da sich hier bei der Hadassah-OB die Kopfform ändert. So erleichtert, wird das Waw die Vorlage für das Nun und erhält den Fuß des Bet. Der Fuß wird so weit zurückgenommen, daß er wieder den gleichen Überstand zum oberen Arm wie beim Bet hat. So wird das Nun ein schmales Bet. Unerwartet und ob das funktioniert, muß sich im Zusammenhang zeigen.

ן

OBH_Nunfinal_V1
Obstbaum-Hebräisch. Schluß-Nun. Version 1, 2016

Zurück zum Schluß-Nun. Die Hadassah-OB hat oben einen auf der rechten Seite überstehenden Arm, die Mirjam nicht. Das reguläre Nun auch nicht. So bleibt es erst einmal dabei und das Schluß-Nun wird direkt vom Nun abgeleitet. Den Fuß erhält es vom Schluß-Kaf. Immer deutlicher wird, daß die schmalen Bögen wahrscheinlich mit einem geringeren Radius aufgebildet werden müssen. Es müßte also noch eine Form zwischen trennend-eckiger Serife und ausgerundetem Übergang geben.

ס

OBH_Samekh_V1
Obstbaum-Hebräisch. Samech. Version 1, 2016

Das Tet wird die Ausgangsform für das Samech, sein Kreis geschlossen. Die beim Tet gemachte Variation des oberen Abschlusses beim Anstrich wird nun wieder zurückgenommen. Das Samech erhält den durchgehenden horizontalen Arm des Bet, der nach links leicht übersteht. Der Überstand entspricht dem Überstand des He Armes zum Stamm. Beim Zusammensetzten der Bögen aus unterschiedlichen Buchstabenquellen zeigt sich, daß es mittlerweile zwei Bogengeometrien gibt. Einfache Bögen (Viertel) haben einen Mittelpunkt, mehrfache Bögen (Halbkreise), durch die Ableitung aus einem Buchstaben mit unterschiedlich starken Stämmen, haben horizontal versetzte Mittelpunkte. Nun stellt sich die Frage, ob dieser versetzte Mittelpunkt nicht für alle Geometrien verwendet werden sollte, auch damit Geometrieübertragungen leichter wären. Vielleicht ergibt sich das bei einem zweiten Durchgang mit allen Buchstaben. Aus dieser angeglichenen Grundlage könnte dann, für die bessere Lesbarkeit, wieder eine modulierte, dritte Version entstehen. Mal sehen.

ם

OBH_Memfinal_V1
Obstbaum-Hebräisch. Schluß-Mem. Version 1, 2016

Nun kommt der Versuch, aus dem runden Samech ein eckiges Schluß-Mem zu machen. Für die Basis wird der untere Arm des Bet verwendet. Für den Übergang zum linken Stamm ist bei einer eckigen Ausführung eine Serife notwendig. Diese Serife macht das Schluß-Mem aber sehr behäbig. Eine vom u abgeleitete, verkleinerte Serife sieht unmotiviert aus. Im Moment scheint die beste Lösung zu sein, die Serifenecke wegzulassen und den Übergang auszurunden. So unterscheidet sich das Schluß-Mem erst einmal nur durch den rechten unteren Quadranten vom Samech. Eine Möglichkeit für die weitere Differenzierung wäre die Verkleinerung der Ausrundungsradien.

מ

OBH_Mem_V1
Obstbaum-Hebräisch. Mem. Version 1, 2016

Das Mem hat leider wenig mit dem Schluß-Mem zu tun. Aus einem Strich werden zwei. Es ist eher eine zusammengesetzte Form, bei der ein Waw die linke und ein Nun die rechte Seite bilden könnte. So muß das Mem aus ganz anderen Vorlagen zusammengebaut werden als das Schluß-Mem. Im weiteren zeigt sich aber, daß das Waw zu ausladend, raumgreifend für einen vertikalen Abschluß ist. So wird die linke Seite des Chet herangezogen, bei der der horizontale Arm am linken oberen Anstrich weggefallen ist. Die sich ergebende Form des Buchstabens hat viel mit dem Tet zu tun und könnte nun auch aus diesem abgeleitet werden. Es gibt jetzt zwei Pfade.
Auch stellt sich die Frage, ob der linke Stamm, wenn die Form aus einem Quadranten abgeleitet wird, immer dünner sein sollte. Die Charter ist hier nicht eindeutig, es gibt bauchig-symmetrische Buchstaben (O) und aus Strichen zusammengesetzte, in der Linienstärke differenzierte Buchstaben (M). Es spricht im Moment bei der Hebräisch viel für den einheitlich-differenzierten Ansatz, also einem asymmetrisch angelegten Grundkörper, der durch Bögen und Serifen ergänzt wird. Dieser Grundkörper könnte zum Beispiel aus zwei horizontal zueinander gespiegelten Us abgeleitet werden.

פ

OBH_Pe_V1
Obstbaum-Hebräisch. Pe. Version 1, 2016

Das Kaf wird Ausgangsform für das Pe, mit einem angesetzten, eckigen Winkel. Das P hilft nicht, da es den durchgehenden Bauch hat. Das um 180° gedrehte G wirkt dagegen verwandt. Die richtige Stärke des Winkels ist unklar. Interessant ist bei der Mirjam der leichte Überstand des oberen Bauches. Das Pe wird dadurch nicht destabilisiert, erhält aber eine leichte Richtung. Dieses Motiv wird übernommen, wenn auch im Moment etwas übertrieben, mit dem umgekehrten Versatz des Kaf.

ף

OBH_Pefinal_V1
Obstbaum-Hebräisch. Schluß-Pe. Version 1, 2016

Aus dem Pe wird mit der Stammverlängerung des Schluß-Kaf das Schluß-Pe. Die Unterlänge liegt zwischen Mirjam und Hadassah-OB. Das Winkelelement wird auch leicht weiter nach unten gezogen auf die Höhe der Mirjam. Ein Dagesch wird, wie bei der Mirjam, immer im Zentrum des Kringels sitzen und damit auf einer anderen Höhe als bei den restlichen Buchstaben.

ר

OBH_Resh_V1
Obstbaum-Hebräisch. Resch. Version 1, 2016

Das Resch entsteht aus dem Bet, mit dem Fuß des Dalet. Die Buchstabenbreite des Bet läßt das Resch schmal erscheinen. Hier würde wahrscheinlich ein kleinerer Bogen helfen. Die Breite liegt im Moment mehr bei der Mirjam als bei der Hadassah-OB.

ת

OBH_Tav_V1
Obstbaum-Hebräisch. Taw. Version 1, 2016

Das Taw ist ein Resch mit einem linken Fuß. Oder ein vervollständigtes He mit ausgerundetem Rücken. Aber der Fuß ist das Problem. Die Serife ist zu statisch, ihre Auslenkung zu gering. Noch einmal wird das t herangezogen und dieses Mal scheint dessen unterer Schweif die richtige Geste zu sein. Aber es stellt sich auch die Frage nach der Dicke des linken Stammes. Ein dicke Stamm wirkt plump, auch mit dem dynamisch gebogenen Ende. Die Zwischenräume wirken auch nicht richtig, die Ursache ist unklar. Hier muß also noch geschoben werden. Eine Sache, die auch nicht richtig funktioniert, ist der Anschluß eines dicken Stammes an den dünnen Arm, wenn der Stamm zum aufsitzenden Anstrich verschoben ist.
Letztendlich wird ein dünner, linker Stamm verwendet und der Fuß wieder polygonal. Er orientiert sich an einer langgezogenen einseitigen Serife, wie sie beim Pe für den Winkel verwendet. Am oberen Arm wird der Anstrich steiler ausgebildet und mit einer Übergangsfase versehen, analog zu den Serifen. Der Stamm schließt in Verlängerung der schrägen Flanke des Aufstriches an. Durch die leichte Überlagerung stabilisiert sich hier die Situation. Die Breite des Taw liegt jetzt zwischen Mirjam und Hadassah-OB und entspricht etwa dem K der Charter.

ג

OBH_Gimel_V1
Obstbaum-Hebräisch. Gimmel. Version 1, 2016

Nun zurück zum Gimmel. Vielleicht ist es ein Waw mit einem links angesetzten schrägen Fuß. Die Breite den Nun dient der Orientierung. X und K werden Vorlage für diagonalen Fuß. Sie erweisen sich jedoch, ob dick oder dünn, als zu raumgreifend. Der Fuß des k paßt jedoch. Es muß nur noch der Anschluß an den Stamm geklärt werden, da es kein drittes Element gibt, mit dem verschnitten werden kann. Ein reiner Kreuzungsanschluß wirkt unorganisch. Die Wahl fällt auf einen kurzen horizontalen Balken wie beim K, jedoch in der Dicke der horizontalen Arme.

ל

OBH_Lamed_V1
Obstbaum-Hebräisch. Lamed. Version 1, 2016

Für den Körper des Lamed wird das Kaf herangezogen, um mit einen großen Bogen die Diagonale zu ersetzen. Für den aufsitzenden Stamm wird die Winkelform des Pe verwendet. Sollte doch eine Diagonale für den Körper notwendig werden, könnte das Y eine Form sein, die wie das Lamed der Mirjam in Buchstabenmitte auf dem Boden steht. Die senkrechte Armverlängerung wird noch einmal modifiziert und aus einem um 90° gedrehten Arm des Dalet konstruiert, mit Oberkante auf Höhe der Oberlänge. Auch der Arm wird an die Form des Dalet angepaßt, ohne Ausrundung, mit Serife, so daß der Bogen nach unten die Analogie zum zentrierten Fuß sein kann. Die Vorderkante des Fußes ist zum oberen Arm zurückgesetzt, wie beim Pe. Die Buchstabenbreite entspricht der Mirjam.

צ

OBH_Tsadi_V1
Obstbaum-Hebräisch. Tzadi. Version 1, 2016

Ein formal verwandter Buchstabe ist im Alefbet erst einmal nicht zu finden. Das Alef hätte zwar einen diagonalen Strich, aber das steht hier noch aus. Im Lateinischen gibt es Buchstaben mit Diagonale wie das K, Y und X. So ist der Anfang mal wieder ein Anfang mit dem Bet und den vorgenannten Buchstaben der Charter. Das Y gibt den Winkel vor, da die Neigung am steilsten ist und ähnlich der Mirjam und Hadassah-OB. Auch der Ansatz für den rechten Arm wird vom Y übernommen. Der rechte Fuß kommt vom X, mit einem ähnlichen Überstand zwischen unterer und oberer Serife. Die Basis bildet das Bet. Auch hier mit einem Überstand des linken Fuße zum oberen Arm. In der Folge wurden beide Überstände jedoch umgedreht, so daß die Basis nun schmaler ist als der Kopf. Der Winkel des schrägen Stammes wurde etwas flacher gestellt und ähnelt jetzt eher dem X. Auch wurde der Abstand der beiden oberen Serifen dem K der Charter angeglichen. Die Buchstabenbreite entspricht etwa der Mirjam.

ץ

OBH_Tsadifinal_V1
Obstbaum-Hebräisch. Schluß-Tzadi. Version 1, 2016

Aus dem Tzadi wird das Schluß-Tzadi abgeleitet. Der linke Stamm wird nicht als nach unten verlängertes Waw oder Schluß-Nun gesehen, sondern der schräge Stamm wird senkrecht gestellt und auf die Unterkante des Schluß-Nun verlängert. Er entspricht also ehr dem Sajin. Der schräge rechte Arm wird etwas flacher gestellt, da er sonst zu tief ansetzt. Die Buchstabenbreite pendelt zwischen Mirjam und Hadassah-OB.
Das ist nun der dritte Buchstabe, der im Bereich des Anstriches nur mit Serifen endet und nicht mit einem horizontalen Arm oder einer Transformation des Stammes. Es kann gut sein, daß dies zurückwirken wird auf He, Tet und Mem.

ק

Lamed und Kuf sind verwandte Buchstaben. Die Vertikale ist einmal oben aufgesetzt und einmal unterhalb abgesetzt. Der winkelförmige Stamm ist beides Mal der gleiche. Leider funktioniert der Bogen des Lamed, so wie er bislang hier geformt wurde, nicht beim Kuf. Die Mittelachse wird überschritten und es bleibt kein Platz am Fuß für den freistehenden Stamm. Das Y würde der Form der Mirjam ähneln. V und Z wären Ansätze für eine durchgehende Diagonale. Beim spitzen Winkel könnte die Serife weggelassen werden, wie es beim N und Z der Fall ist. Das würde die Formen besser verbinden. Am Fuß gibt es einen Konflikt mit dem freien Stamm. Die Serife braucht viel Platz. Da der Buchstabe aber auf der Grundlinie stehen muß, ist sie dort richtig. Aber eine zweite Serifenserie beim in der Höhe verschobenen freien Teil wäre zu viel und auch widersprüchlich. Entweder der Buchstabe steht oben oder unten. Den freien Stamm als einfachen Strich oder Balken zu machen, wäre passender, wie der Haken beim Q. Die formale Einbindung muß dafür aber noch gefunden werden. Klar ist, wenn es eine Lösung für das Kuf gibt, wird das Lamed entsprechend nachgeführt werden müssen.

OBH_Skizzen_V1
Obstbaum-Hebräisch. Skizzen zu den vier letzten Buchstaben, 15.11.2016, Gelroller auf Papier, 9 x 14 cm

Mit dem Kuf kommt das Zeichnen etwas ins stocken. Jeder Ansatz führt nicht richtig weiter. Eine Pause ist notwendig, Abstand und Zeit zum Nachdenken. Es entsteht dabei eine kleine Skizze, die Ansätze für die letzten vier Buchstaben darstellt. Beim Kuf soll das kantig-zackige durch einen Bogen ersetzt und der freie Stamm mit einem Steg an den Fuß des Bogens angebunden werden, ähnlich dem K. Das Ajin soll auch einen Bogen erhalten und unten wie ein y mit einem Punkt enden. Beim Alef soll ein X die Grundform vorgeben. Der Stamm, der von rechts oben nach links unten geht, soll in s-förmige Bögen aufgelöst werden. Das Schin soll sich an den nicht konzentrischen Bögen des U orientieren und ggf. breiter werden. Der mittlere Stamm soll senkrecht wie bei einem Leuchter sein, kann aber außermittig positioniert werden.

OBH_Qof_V1
Obstbaum-Hebräisch. Kuf. Version 1, 2016

So wird in Anlehnung an die Skizze der freie Stamm dünn gemacht und oben und unten mit einer Serife versehen, ähnlich dem dünnen Fuß des N. Beim Bogen mit schrägem Auslauf werden die Bögen des Samech genommen und verlängert. Der schräge Stamm entspricht dem schrägen Fuß des K, auch was die Ferse betrifft. Die vom üblichen Kuf bei der Skizze abweichende Idee, ist die Verbindung des freien Stammes mit dem Bogen. Diese wird in der Zone der unteren Serifen angesetzt, aber mit einem parallelen Strich und etwas schlanker. Bei der Breite des Buchstabens wird vom Tet ausgegangen, dann wegen der Regelmäßigkeit auf die des Samech, um am Ende zurück über das Tet zu einer noch schmaleren Breite zu kommen. Sie ähnelt jetzt der Mirjam. Der Stamm wird mit den Serifen in der Flucht des oberen Arms belassen, ein Versatz erzeugt eigenartige Zwischenräume.
Aus dieser Form ließe sich auch das Lamed ableiten. Der vertikale Stamm würde sich zu einem unteren Abschluß wie beim F transformieren. Vielleicht würde die Ferse zu einer Serife wie beim schrägen Stamm des X. Der oberen Arm könnte aber so bleiben, wie er zur Zeit ist.

ע

OBH_Ayin_V1
Obstbaum-Hebräisch. Ajin. Version 1, 2016

Zuerst entsprechend der Skizze vom y ausgehend, fällt im Hintergrund das Ajin der Mirjam auf. Dieses ist rechteckig organisiert, weist zwei oben offene Stämme auf und unten einen links überstehenden Verbindungsbalken. All diese Elemente wurden mittlerweile bei den anderen Buchstaben schon verwendet. So wird der Versuch unternommen, mit diesen vorhandenen Formen ein Ajin zu entwerfen. Tet, Samech und Tzadi werden die Steinbrüche, aus denen sich relativ selbstverständlich der Buchstabe zusammensetzten läßt. Nur der Abstand der beiden Stämme braucht einige Justierungen. Das Ajin wirkt jetzt eher schmal, obwohl es fast so breit ist wie bei der Hadassah-OB. Im Nachhinein betrachtet, hätte man auch einfach das Taw horizontal spiegeln können und wäre fast zum gleichen Ergebnis gekommen.

א

OBH_Alef_V1
Obstbaum-Hebräisch. Alef. Version 1, 2016

Für das Alef wird das X der Charter an die Buchstabenhöhe angepaßt, d.h. gestaucht. Die linke obere Serife wird vom Tzadi übernommen. Bei dem dünnen diagonalen Stamm, der von links unten nach rechts oben geht, werden die Serifen des U übernommen, da die Ansätze hier senkrecht sind. Für den Übergang zur Diagonalen wird der Bogen des Samech verwendet, die linke, dünne Seite. Die Viertel werden mit dem kleinen Bogen auf die horizontale Buchstabenachse geschoben. Für den rechten obere Bogen wird das Element entsprechend gespiegelt bzw. um 180° gedreht. Die kleinen Bögen treffen sich in der Mitte des Buchstabens und gehen kontinuierlich ineinander über. Das entspricht der Idee aus der Skizze. Für diese Geometrie muß die Buchstabenbreite angepaßt werden, d.h. das U gibt die Breite vor und das Alef ist jetzt breiter als ein X. Der Einfachheit halber werden die Serifen in einer Flucht übereinander angeordnet. Bei den beiden Orientierungsbuchstaben ist die Basis, vor allem der linke Fuß zum oberen Buchstabenteil überstehend. Das wird dann in der Überarbeitung nachgeführt. Die Buchstabenbreite jetzt liegt eher bei der Hadassah-OB als der Mirjam.

ש

OBH_Shin_V1
Obstbaum-Hebräisch. Schin. Version 1, 2016

Das U ist die Vorlage für die Breite, Samech und Ajin für Bogen und Serifen. Die drei Serifen nebeneinander stehen aber zu eng. Beim mittleren Stamm könnte, wie bei der Mirjam, die Serife weggelassen werden. Beim M und W gibt es in der Mitte auch keine Serife, aber es handelt sich hier um Umlenkungs- und keine Endpunkte. Der mittlere Stamm ist auf jeden Fall dick, da er ein neuer Strichansatz ist. – Dies ist auch noch ein Thema für die Überarbeitung: Konsistente Strichführung von rechts nach links, analog händischer Schreibweise, mit Auf- und Abstrich. – Ohne Serife funktioniert es nicht, sieht abgeschnitten oder unvollständig aus. Also wird der rechte Stamm in die Mitte kopiert, die Serifen etwas verkürzt und der Buchstabe auseinandergezogen. Jetzt hat er etwa die Breite des Charter M und ist sogar etwas breiter als das Schin der Hadassah-OB. Er ist der breiteste Buchstabe in diesem Alefbet geworden.

Zwischenstand, 2016

Am 2. Dezember 2016 wird für den letzten Buchstaben eine erste Gestalt gefunden. Die Bearbeitung der einzelnen Buchstaben machte Eigenheiten und Gemeinsamkeiten der 27 Formen deutlich. Im nächsten Schritt geht es nun um die geometrischen Gemeinsamkeiten. Ziel ist eine modulare Geometrie oder ein Gerüst, aus der oder dem alle Buchstaben abgeleitet werden können.
Parallel dazu werden die Formen (und Charaktere) weiter entwickelt. Das geschieht von Hand, mit Stift und Pinsel, auf Papier, an der Wand.
Und als drittes werden verschiedene Aspekte, die im Laufe des ersten Durchgangs bei einzelnen Buchstaben aufgefallen sind, noch einmal für alle durchdacht und ausprobiert. Etwa die einheitliche Buchstabengröße beim Hebräischen, ohne Groß-Kleinschreibung, ohne Anfangsbuchstaben. Bislang orientiert sich die Übertragung überwiegend an den Majuskeln, aber sind für den Textfluß nicht auch Aspekte der Minuskeln wichtig? – Mehr Dächer und Nasen, weniger Serifen, mehr Ausdünnung der Strichenden, weniger Asymmetrie der Strichstärken und das n als optimale Punzenbreite. – Das Hebräische scheint etwas zwischen Groß- und Kleinschreibung zu sein. Vielleicht können hier auch die Schreibmuster der Buchstaben und die Entwicklungsgeschichte des Alefbet weiterhelfen.


OBH_V1_Blatt
Obstbaum-Hebräisch. Version 1, 2016

Zwischenstand, 2017

Am 7. Januar 2017 hängen die zusammen ausgedruckten Buchstaben an der Wand. Die gleichzeitige Sichtbarkeit führt zu unterschiedlichen Überlegungen, denen erst einmal unsystematisch nachgegangen wird, teils auf dem Papier, teils im Computer.

  • Untersuchung der Strichbreiten bei den Minuskeln der Charter und der Proportion der Serifen.
  • Untersuchung der Schrifthöhe der Minuskel der Charter. Minuskeln sind aber deutlich kleiner und zu klein als reguläre Schrifthöhe. Vergleich mit Hadassah und Mirjam. Mirjam ist etwas niedriger als Hadassah. Teilung der Differenz zwischen Minuskel und Majuskel der Charter im Goldenen Schnitt ergibt fast genau Schrifthöhe Hadassah, so daß diese beibehalten wird.
  • Aufbau eines neuen Geometriegerüstes aus n, o, l und z. Strecken der Proportionen auf die gewählte Schrifthöhe. Da das zu schlanke Buchstaben ergibt und zu weit weg vom Quadrat führt, wird die Breite proportional zur Höhe angepaßt.
  • Angleichung der vertikalen Stammstärken. Rücknahme der aus dem U der Charter übernommenen Asymmetrie.
  • Stärkere Ausrundung abgerundeter Buchstaben mit Bäuchen analog o und c. Ersetzen von Abrundungen durch glatt-rechtwinklige Übergänge.
  • Annäherung an das Bogen- oder Arkadenmotiv der Oberkante zusammengeschriebener Minuskeln und Auflösung der aus den Majuskeln abgeleiteten durchlaufenden Horizontalen.
  • Ausbildung der Anstriche auf Stämmen oben wie beim u, l und t anstatt mit Serifen. Hieraus folgend Auflösung von unteren Serifen zu Abstrichen und Bögen. Entfall von Serifen bei Richtungswechseln
  • Leichtes Abschrägen der Ober- und Vorderkante des Anstriches in Anlehnung an die Hadassah. Reduzierung der Höhe entsprechend Hadassah. Verschlankung in Anlehnung an Anstrich der Charter Minuskeln.
  • Verjüngung von Strichenden, wenn sie gegen einen horizontalen Arm stoßen.

OBH_V2_Skizze-1
Thomas Schöpf: Obstbaum-Hebräisch. Version 2. Skizze, Zustand 24. Februar 2017, Acrylfarbe, Kreide, Bleistift über Tintenstrahldruck auf Papier, 100×70 cm
Grafisches Teilungselement