Obstbaumpflege Schöpf

Berlin

Stachelbeere

Die Stachelbeere (Ribes uva-crispa, Syn.: Ribes grossularia) ist ein laubabwerfender Strauch, der Wuchshöhen von sechzig bis einhundert Zentimetern erreicht. Ribes uva-crispa ist eine Pflanzenart aus der Gattung Johannisbeeren (Ribes) innerhalb der Familie der Stachelbeergewächse (Grossulariaceae). Die Früchte des Stachelbeerstrauches zählen zu den echten Beeren.

Grafisches Teilungselement

Jahreszeitliche Pflegemaßnahmen bei der Stachelbeere mit Hinweisen zur praktischen Ausführung

 Pflanzung

Oktober, November

 Pflanzschnitt

Ist bei drei bis vier Gerüstästen nicht notwendig.

 Formierung

 Erziehungsschnitt

Die Anzahl der Leitäste wird ab dem zweiten Standjahr auf fünf bis sechs erhöht.

 Erhaltungsschnitt

Juli (nach der Ernte)

Nach drei Jahren wird der Strauch etwas ausgelichtet. Zu dicht stehende Äste werden nah am Boden abgeschnitten. Überzählige Seitentriebe und das Fruchtholz beschattende Zweige werden entfernt. Jährlich werden ungefähr fünf Alttriebe und sechs bis zehn im Alter gestaffelte Jungtriebe beibehalten.

 Verjüngungsschnitt

Juli (nach der Ernte)

Nach fünf bis sechs Jahren wird der Strauch durch Herausschneiden alter Leitäste und Nachziehen kräftiger Bodentriebe verjüngt. Alle sonstigen Jungtriebe werden bodennah abgeschnitten, so daß der Strauch aus nicht mehr als zwölf Hauptästen besteht.

 Bodenpflege

März, Juli, November

Zum Schutz vor Trockenheit werden die flachen Wurzeln ganzjährig gemulcht.

März

Als Düngung wird eine dünne Schicht Kompost aufgebracht.

 Pflanzenschutz

Ist in der Regel nicht notwendig.

 Vermehrung

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Historische Quellen und Abbildungen der Stachelbeere

Max Goldt
aus: Die Lampen leiden am meisten darunter

(August 1997)

(…) Es ist erstaunlich, wie oft man noch heute in der Werbung für Lotterien oder sonstige Glück und Erfolg verheißende Aktivitäten über dem Munde baumelnde Weintrauben als Illustration für ein finanziell abgesichertes und erlebnisreiches Leben vorfindet. Dabei ist Wein ein eher billiges Obst. Stachelbeeren sind fünfmal so teuer. Trotzdem sah ich nie eine Darstellung von Reichtum, in der sich jemand eine Schale Stachelbeeren in den Mund schüttet. Diese Früchte haben halt seit alters her die Reputation des Bäuerlichen und Säuerlichen und harmonieren in der Volksmeinung nicht mit polierten Saxophonen. Wenn auf der anderen Seite ein Nahrungsmittel den Ruf des Noblen hat, dann bleibt der Ruf auch ewig bestehen. (…)

Max Goldt: 'Mind-boggling' – Evening Post. Kolumnen Nr. 96–108, some other stuff, acht unpaginierte Farbseiten, etliche s/w-Abbildungen sowie zwei Zeichnungen von Katz und Goldt, Zürich: Haffmans Verlag, 1998, S.61–68

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Max Goldt
aus: Blumenkübel vor dem Eingang böser Krankenkassen

Eine Splittercollage

(…) Unter sensiblen Menschen, insbesondere Künstlern, gilt es als angebracht, in einem förderlichen und freundschaftlichen Verhältnis zu Bäumen zu stehen. Alexandra sang «Mein Freund, der Baum», Zarah Leander erörterte in einem Song sogar das Küssen von Baumrinde. Auch das Umarmen von Bäumen gilt in einigen Milieus als sittenkonform. Das soll hier keinesfalls kritisiert werden. Doch nenne man mir einen einzigen namhaften Sänger, der sich herabließ, ein Lied namens «Mein Freund, der Strauch» in sein Repertoire aufzunehmen! Und wo sind die Schauspieler, die sich in Talkshows für Sträucher stark machen? Sträucher scheinen keinerlei Lobby zu haben. Warum ist das so? Diejenigen, die immer alles wissen, geben nun zu Protokoll: «Der Strauch als solcher löst im Menschen aus zweierlei Gründen keinen Beschützerinstinkt aus. Erstens, weil Sträucher nicht selten unangenehm saure Früchte tragen, z. B. Stachel- oder Johannisbeeren. Einmal im Jahr kauft man sich aufgrund des jahreszeitlichen Rituals ein Schälchen mit solchen Beeren, ißt zwei, drei Exemplare, und den Rest schmeißt man nach einer Woche weg. Zweitens kann man nur als kratzfest eingewickeltes Kleinkind unter einem Strauch Schutz vor der Sonne suchen.»
Darauf wäre zu erwidern: «Auch Bäume tragen nicht selten unangenehm saure Früchte, Zitronen etwa. Gewisse andere Bäume haben dermaßen stachelige Samenhüllen, daß man den Schatten, den sie spenden, nicht zu allen Jahreszeiten ohne Sicherheitsvorkehrungen genießen sollte.»
Der Vater dieser Zeilen könnte einen Zeugen beibringen für ein Vorkommnis aus dem Jahr 2001. An einem windigen Septembertag saß er unter den Roßkastanien eines Biergartens in Meißen. Mehrfach hörte man Leute aufheulen, denen eine grüne Stachelfrucht ins Bier oder auf den Schädel gefallen war. Bei einer besonders heftigen Bö warf sich ein Mann wimmernd auf den Boden, während ein anderer, man weiß nicht wie scherzhaft, brüllte: «Das ist hier ja wie beim World Trade Center!»
Also in Zukunft bitte die gedankenlose Bevorzugung von Bäumen gegenüber Sträuchern unterlassen! (…)

Max Goldt: Die Chefin verzichtet. Texte 2009–2012, Berlin: Rowohlt Berlin Verlag, 2012, S.100–135

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